Fachleute aus Jugendarbeit, Verwaltung, Polizei und dem Ehrenamt trafen sich zwei Tage in der Evangelischen Landjugendakademie um über die Erscheinungsformen des Rechtsextremismus in ländlichen Räumen zu diskutieren. Bei aller Heterogenität der einzelnen Regionen und Arbeitsfelder, eint die Teilnehmenden doch ihr großes Engagement in der Präventionsarbeit mit jungen Menschen.
Es wurde in den Gesprächen deutlich, dass sich Fachdiskussionen zum Thema Rechtsextremismus nur noch schwerlich führen lassen, ohne einen Bezug auf die Themenfelder Migration und Interkulturelle Kompetenz herzustellen. Die Einbindung dieses Schwerpunktes in der Workshopphase, insbesondere durch einen jungen ehrenamtlich aktiven Referenten des Multikulturellen Zentrums in Trier wurde von den Teilnehmenden sehr begrüßt.
Patrick Zimmer verdeutlichte anhand einer Initiative aus der Eifel, wie junge Flüchtlinge aus der Isolation ihrer Sammelunterkunft geführt und ein Dialog zur Bevölkerung geschaffen werden kann. Einen zentralen Baustein stellt die Vermittlung von Deutschkenntnissen durch regionale Akteure aus der Bildungslandschaft dar. Dieses Angebot wurde durch die Bewohner*innen der Sammelunterkunft positiv aufgenommen und führte zu einer ersten Möglichkeit der Verständigung und dem Abbau von vorherrschenden Ressentiments. Mittlerweile haben die Flüchtlinge in den Sprachkursen dank der Spende eines Netbooks durch die Kommune, die Möglichkeit erhalten, per Social Media-Kontakt zu anderen Familienmitgliedern oder Beratungsstellen im Bundesgebiet aufzunehmen. Die Realität in den Sammelunterkünften sieht so aus, dass häufig der Münzfernsprecher das einzige Kommunikationsmittel darstellt und eine Breitbandversorgung für alle Bewohner in der näheren Region noch nicht verfügbar ist.
Für ein Folgeformat wurde angeregt, zu dieser Diskussion weiter gezielt Referenten bzw. Aktive aus den Migrantenselbstorganisationen anzusprechen, um eine zusätzliche Perspektive in die Kontroverse um Flucht und Migration zu bringen.
Aus dem Vortrag von Karl-Georg Ohse (Projekt „Kirche stärkt Demokratie“ der Nordkirche) ergab sich eine interessante Debatte zur Rolle der Kirchen im zivilgesellschaftlichen Engagement, speziell mit Blick auf die kleineren Kommunen und Dörfer. Die Prozesse der Peripherisierung, die die Teilnehmenden aus den unterschiedlichen Regionen berichteten, stellen auch die Kirchengemeinden vor neue Herausforderungen, welche tradierte Beziehungsgeflechte und Identitäten häufig in Frage stellen. Der Referent plädiert in seinen Lösungsansätzen sinnbildlich dafür „Die Kirche im Dorf zu lassen“ und eine lebendige Solidarität zu leben.
In der Abschlussbewertung äußerten die Teilnehmenden den Wunsch weitere Veranstaltungen zu den Erscheinungsformen des Rechtsextremismus in ländlichen Räumen zu konzipieren. Der Auftakt durch die Tagung „Es wächst nicht einfach Gras drüber“ wurde als gelungen betrachtet und bot genügend Raum und Zeit, um die wichtige Ebene der Vernetzung voranzutreiben. Nach dem inhaltlich breit gefächerten Auftakt, wird es in Zukunft darum gehen, gezielte Schwerpunktthemen und zu setzen, um den begonnen Diskurs weiter zu pflegen.
Bild: Tobias Rosin